Gedenk- und Erinnerungs-Arbeit in Rheinland-Pfalz

Am 01.04.2001 beginnt die Geschichte der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz (LAG). Die Initiative ging vom damaligen Direktor der Landeszentrale für politische Bildung (LpB), Hans-Georg Mayer, und dem Referatssleiter für Erinnerungsarbeit, Uwe Bader, aus. Seit dieser Zeit besteht eine enge und konstruktive Kooperation zwischen LpB und LAG. Es waren 19 Gruppen, Einzelpersonen, Initiativen und Vereine, die lokal oder regional Erinnerungsarbeit leisten, die sich zusammentaten.

Dieter Burgard, langjähriger Vorsitzender der LAG RLP (2001-2022)

Dieter Burgard aus Wittlich, Vorsitzender des Fördervereins Gedenkstätte Hinzert e.V. und damals Abgeordneter im rheinland-pfälzischen Landtag, später Bürgerbeauftragter und zuletzt auch Beauftragter für Jüdisches Leben und Antisemitismusbeauftragter der Ministerpräsidentin, prägte die Arbeit der LAG RLP seit Beginn bis zum März des Jahres 2022 als Vorsitzender.

Die ursprüngliche Idee

Durch Vernetzung und Nutzung von Synergieeffekte sollte eine effizientere Gedenkarbeit erreicht und als gemeinsame Interessenvertretung sollte eine Stärkung der nicht durch das Land getragene Initiativen und Vereine erreicht werden. Zwischenzeitlich wuchs die Anzahl der Institutionen/Vereine/Initiativen in der LAG RLP auf 90 an. Damit gehört die LAG RLP zu den größten in der Bundesrepublik Deutschland, wobei nicht in allen Bundesländern Landesarbeitsgemeinschaften bestehen und auch die Strukturen z.T. sehr unterschiedlich sind.

Die Arbeit

… der LAG bestand seit 2001 u.a. in der Novellierung des Archivgesetzes, der Kartierung und Pflegeanleitung von jüdischen Friedhöfen, der Stärkung von Lernorten und Förderung von Projekten, wie z.B. der Gedenkstätten in Neustadt a.d.W., Laufersweiler und Dahn, sowie in der  Aufarbeitung der Krankenmorde sowie in der Unterstützung zahlreicher Initiativen zu Stolpersteinen, dem Erstellen von Informations- und Mahntafeln und in der Herausgabe von Literatur und Filmen genauso, wie sie die Erinnerungsarbeit ohne Zeitzeugen der Verfolgung förderte und weiterhin fördert. Die Beschäftigung mit dem Thema Landjudentum hat für die LAG RLP eine besondere Bedeutung, damit neben der wichtigen Arbeit mit dem Weltkulturerbe der SCHUM-Städte die ebenso prägende Rolle des Landjudentums nicht vergessen wird.

Renate Rosenau, ein Gründungsmitglied der LAG RLP, die sich insbesondere mit den jüdischen Friedhöfen und den Patientenmorden in RLP befasst

Während in den Anfangsjahren der LAG RLP Erinnern, Gedenken und Mahnen im Fokus vieler Mitglieder und damit auch der LAG RLP standen, rückt die Demokratiebildung, die Arbeit gegen nationalistische Tendenzen, gegen Antisemitismus, Antiziganismus und Rassismus und die Beschäftigung mit Menschenrechtsfragen mehr und mehr in den Mittelpunkt unserer Arbeit. Diese Auseinandersetzung kann nicht ohne das ‚Erinnern‘ erfolgen, genauso, wie das ‚Gedenken‘ immer Bestandteil unserer Arbeit bleiben muss.

Auch Opfergruppen der NS-Diktatur, die in Vergessenheit geraten sind, wie Homosexuelle, Sinti und Roma, politisch Andersdenkende, sogenannte „Asoziale“ und Kranke müssen noch stärker ins öffentliche Bewusstsein und die Forschung Eingang finden. Dies gilt ebenso für die Verfolgten von religiösen Gruppierungen und selbstverständlich für die Opfer von Zwangsarbeit.

Die zweite und dritte Nachkriegsgeneration macht sich verstärkt auf Spurensuche ihrer Vorfahren und sie ist dankbar für Hilfestellungen jeglicher Art. Dabei ist die Zusammenarbeit mit Institutionen im gesamten Bundesgebiet wie z.B. die mit der Topographie des Terrors in Berlin oder die mit dem Arolsen-Archiv, besonders wichtig.

Diese Arbeit wird im sogenannten ‚Forum‘, dem Zusammenschluss aller Landesarbeitsgemeinschaften und im ‚Verband der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen‘ (VGD) hervorragend begleitet und in den entsprechenden Veranstaltungen und Tagungen vermittelt. Dies sind vor allem die ‚bundesweite Gedenkstättenkonferenz‘ einmal im Jahr, das Gedenkstättenseminar, aber auch die Treffen im Rahmen des ‚Forums‘.

Insbesondere mit der Landesarbeitsgemeinschaft Erinnerungsarbeit im Saarland verbinden uns eine enge Zusammenarbeit. Auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit nimmt fortwährend zu. Hier sei vor allem die Arbeit des Fördervereins der Gedenkstätte Hinzert mit Luxemburger Gruppen und dem Land Luxemburg erwähnt.

Hoffnungsvoll ist, dass Kommunen und Landkreise sowie der Landtag Erinnerungsarbeit auch als ihre Aufgabe begreifen und das Ehrenamt mit ihrer Lobbyarbeit unterstützen. Die herausragende Sonderstellung des Bezirkstages Pfalz und des Bezirksverbandes Pfalz sei in diesem Kontext betont. Dies betrifft nicht nur die Arbeit im Zusammenhang mit dem Thema Gurs (Fahrten, Ausstellung, Finanzierung etc.) ,sondern auch die Finanzierung der Arbeitsstelle ‚Geschichte der Juden in der Pfalz‘, die mit dem Namen Roland Paul untrennbar verbunden ist, sowie das momentane Projekt zum Thema Zwangsarbeit.

Die wachsenden Herausforderungen an eine moderne, zeitgemäße Erinnerungsarbeit war der auslösende Faktor, der LAG eine Vereinsstruktur zu geben und damit die Voraussetzungen zu schaffen, die Arbeit zu professionalisieren. Dies wurde durch die Gründung des Vereins Erinnern & Gedenken in Rheinland-Pfalz – Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten, Erinnerungsorte und -initiativen am 25. März 2023 im Plenarsaal des Landtages in Mainz erfolgreich begonnen.

Durch die Vereinsgründung wurde die ‚alte‘‘ LAG RLP abgelöst, sodass die Auflösung zum 31. März 2024 nur eine formale Konsequenz darstellt (Beschluss der Mitgliederversammlung vom 25. November 2023). Durch die strukturelle Berücksichtigung der Opfergruppen in einem Beirat wurde die Möglichkeit geschaffen, vorhandene Kompetenz und Expertise dieser Gruppierungen im besonderen Maße zu nutzen und zu gewährleisten.

Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft

… sind neben Gedenkstätten auch Universitäten, bzw. einzelne Abteilungen oder Institute, Studienseminare, Landesverbände von Opfergruppen, jüdische und christliche Einrichtungen, das Landeskrankenhaus in Alzey, das Haus des Erinnerns in Mainz sowie weitere kommunale Institutionen (Bezirksverband Pfalz) bis hin zu kleineren Initiativen und Einzelpersonen.

Struktur der LAG

Höchstes Gremium des Verein ist naturgemäß die Mitgliederversammlung, die den Vorstand auf zwei Jahre wählt. Die Vorsitzenden werden direkt gewählt. Der erweiterte Vorstand (12 Personen) trifft sich nach Absprache in Zeiträumen von 6 bis 12 Wochen; in den letzten Jahren waren Treffen auch über digitale Vernetzung oder auch hybrid möglich. Der Vorstand verwaltet einen Fonds, der über die LpB abgewickelt wird. Jedes Mitglied der LAG ist berechtigt, dort Zuschüsse (maximal die Hälfte der offenen Beträge) zu beantragen.

Um die inhaltliche Arbeit zu verbessern und die Arbeit zu erleichtern, wurden drei Arbeitsgruppen gebildet in denen auch Interessierte von außerhalb der LAG mitarbeiten können:

AG 1:  Kommunikation

Beschäftigungsfelder: Die Herausgabe und Weiterentwicklung des Newsletters LAG-Dialog, die Neuentwicklung und Betreuung der Website und der Neugestaltung neuer Logos und Corporate-Identity-Medien. 

AG 2:  Thematisierung aller inhaltlichen Schwerpunkten  

(Jüd. Friedhöfe, Euthanasie, Landjudentum…) mittels Schulungen, Handouts etc.

AG 3: Beschäftigt sich mit den formalen Strukturen, z.B. Mitgliederverwaltung, Fonds und Finanzierung, Umfragen, Vorbereitung von Veranstaltungen (MV).

 

Über 20 Jahre Erinnerungsarbeit stehen für ein Engagement zur friedvollen Zukunft mit Respekt vor allen Menschen. Sie ist eine Erfolgsgeschichte, die, hält man sich den Zustand der Demokratie und das Erstarken von Nationalismus vor Augen, unbedingt fortgesetzt und weiterentwickelt werden muss.

Es liegt an uns!

Dr. Franz-Josef Ratter
Vorsitzender